• Gabriels Vorschlag, Nietzsche Memes herzustellen, erinnert mich an dieses satirische Gedicht des österreichischen Schriftstellers Karl Kraus (1874-1936):

                                     Der Antichrist

     

    Wie heiter und listig und insgeheim,

    wie vielverheißend und frustra!

    Und das Ergebnis ist dieser Reim,

    denn also versprach Zarathustra.

     

    Welch weise wissender Arzt der Zeit!

    Es war ihrer Krankheit Wesen,

    daß sie seit damals und bis heut

    von ihm nicht konnte genesen.

     

    Welch fröhliche Philosophenart!

    Sie spielte mit einer Feder;

    ging irre, noch ehe sie irre ward,

    und tanzte auf dem Katheder.

     

    Und lachte ohne jeden Humor

    ein dionysisches Lachen.

    Da konnte der Kant als ein unreiner Tor

    sich stumm aus dem Staube machen.

     

    Man lachte sich über den Herrgott schief,

    metaphysische Sehnsucht zu stillen.

    Ein kategorischer Diminutiv

    verlieh uns zur Macht den Willen.

     

    Die Heiligen wurden ausgelacht,

    und was sie auch litten und lehrten.

    Er hat es dem Unwert leicht gemacht,

    die Werte umzuwerten.

     

    An diesem halkyonischen Fest

    wird die Welt noch lange kranken.

    Die deutsche Literatenpest

    hat sie dem Arzt zu verdanken.

     

    Der christliche Gott ist gut genug,

    daß er uns von dem Übel erlöse.

    Es verhieß uns ein anderer Pfaffenbetrug

    ein Jenseits von Gut und Böse.

    Karl Kraus


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